Mehr als 30 Interessierte aus unterschiedlichen Bereichen der Forst- und Holz-Branche nahmen am 24.11.2020 die Gelegenheit wahr, sich im Rahmen einer Online-Sprechstunde zu aktuellen Themen der RVR zu informieren.
Nach der Begrüßung der Teilnehmerinnen und Teilnehmer durch den Vorsitzenden des StA Prof. Dr. Tobias Cremer (Hochschule für Nachhaltige Entwicklung Eberswalde) erfolgte ein Überblick über die seit 01.07.2020 gültigen Neuerungen durch den Geschäftsführer des StA Dr. Järmo Stablo. Im Anschluss gingen die weiteren anwesenden StA-Mitglieder auf vorab eingereichte Fragen und Themen ein. Abschließend folgte eine offene Frage-Antwort-Runde.
In der Gesamtschau der Sprechstunde wurde deutlich, dass die neuen Regelungen mittlerweile in der Praxis angekommen sind. Im Bereich der Qualitätssortierung von Nadelstammholz sorgten insbesondere die neuen Abholzigkeitsgrenzwerte für Nachfragen. Hierzu ging StA-Mitglied Christoph Paul (Egger Sägewerk Brilon GmbH) nochmals auf die Ausbeuterelevanz dieses zentral wertbestimmenden Qualitätsmerkmals ein. Deutlich voneinander abweichende Abholzigkeits-Durchschnittswerte unterschiedlicher Wuchsgebiete stellen zudem einen wichtigen Faktor in Bezug auf die Chancengleichheit im Wettbewerb der Sägeindustrie dar. Diesen Umständen waren die bis zum 30.06.2020 gültigen Grenzwerte nicht gerecht geworden. Daher hatten Forst- und Holzseite einvernehmlich vereinbart, die Grenzwerte mit der Neuauflage der RVR anzupassen und so die Sortierrelevanz des Merkmals und die Preisvergleichbarkeit zu erhöhen. Die Grenzwerte orientieren sich für das in der Praxis anfallende Holz nunmehr an einer Zielqualitätsverteilung von 85% B, 12% C und 3% D.
Die zugrundeliegenden Analysen waren Ende 2019/Anfang 2020 für Fichte/Tanne und Kiefer von den wissenschaftlichen Beratern des StA RVR der Forstlichen Versuchs- und Forschungsanstalt Baden-Württemberg (FVA) und der Hochschule für Forstwirtschaft Rottenburg durchgeführt worden. Da für die Baumarten Lärche und Douglasie keine ausreichenden Datensätze verfügbar waren, wurden zunächst die für Kiefer ermittelten Grenzwerte auf diese Baumarten übertragen. Diese Zwischenlösung soll beibehalten werden, bis eine ausreichende Basis besteht, um bei Bedarf gesonderte Werte ableiten zu können. Diesbezüglich bat Herr Dr. Udo Hans Sauter (FVA) während der Online-Sprechstunde um die Bereitstellung entsprechender Daten aus der Praxis, was für Douglasie umgehend aufgegriffen wurde.
Auch eine (fehlende) Umsetzung der neuen Regelungen zum Befall mit rindenbrütenden Borkenkäfern wurde diskutiert. Der forstseitige 2. Vorsitzende des StA RVR Sebastian Schüller (Landesforstverwaltung Baden-Württemberg) erläuterte nochmals die intendierte Dreigliederung: 1. Befallenes Holz mit Frischholzcharakter z.B. aus Rändelungen von Käfernestern und/oder aus schneller Aufarbeitung aus aktuellem Befall, so dass keine Beeinträchtigung der Holzqualität resultiert (Qualitätsklasse B). 2. Holz mit leichten Veränderungen u.a. mit beginnender oberflächlicher Verfärbung (Qualitätsklasse C) sowie 3. Holz mit starken Veränderungen (Qualitätsklasse D) z.B. Dürrständer nach vorjährigem Befall. Eine sofortige Absortierung nach D bei der Einbohrung von Käfern, von der zum Teil aus der Praxis berichtet wurde, ist somit nicht RVR-konform.
Größere Anpassungen der RVR in der Qualitätssortierung von Laubholz waren bereits 2018 erfolgt. Die aktuelle Neuauflage berücksichtigt insbesondere die Kalamität in der Buche, die von Seiten des StA RVR als Sondersituation betrachtet wird, so dass für das Kalamitätsholz keine eigene Regelung geschaffen worden ist. Gleichwohl wurden die bestehenden Regelungen in Bezug auf die neue Situation überprüft und durch Integration des Hinweises auf einzelvertragliche Regelung insbesondere hinsichtlich vermehrt vorkommender Verfärbungen mit der Neuauflage angepasst. Entsprechende Modalitäten, die auch in der Praxis gelebt werden, wurden u.a. von Seiten des holzzseitigen 2. Vorsitzende des StA RVR Wolf-Georg Fehrensen (Fehrensen GmbH Sägewerk und Holzhandlung) bereits an verschiedenen Stellen wie z.B. den alljährlichen Laubholzgesprächen zwischen Forst und Holz thematisiert, so dass dieser Punkt aktuell keine weiteren Rückfragen hervorrief.
Gefragt wurde dagegen, warum das sScale-System der Firma Dralle zur fotooptischen Vermessung von Polterfrontflächen mit der Neuauflage nicht in die RVR aufgenommen wurde. Hierzu erläuterte Prof. Dr. Tobias Cremer, dass diese im Vorfeld der Neuauflage im StA tatsächlich diskutiert worden war. Letztlich wurde der Satz, der bisher fotooptische Vermessungssysteme ausschloss, durch einen Passus ersetzt, der besagt, dass nur konformitätsbewertete Messgeräte den gesetzlichen Vorgaben des Mess- und Eichwesens entsprechen und daher zu Abrechnungszwecken zulässig sind. Den Hintergrund dazu ergänzte StA-Mitglied Michael Degenhardt (Landwirtschaftskammer Niedersachsen): Eine einheitliche Berücksichtigung fotooptischer Messsysteme soll erfolgen, wenn eine forst- und holzseitig gemeinsam getragene so genannte PTB-Anforderung für alle fotooptischen Vermessungssysteme vorliegt. Etwaige offizielle Regelungen zur Harvestervermessung wären entsprechend ebenfalls in der RVR zu berücksichtigen.
Insgesamt zogen die von Seiten des StA RVR Beteiligten ein positives Resümee der Online-Sprechstunde, die ein anhaltendes Interesse aus der Praxis an der RVR und den Neuerungen deutlich machte. Anfang 2021 soll eine Branchenbefragung durchgeführt werden, um die Akzeptanz der RVR und insbesondere die der Neuerungen in einem größeren Rahmen zu eruieren.